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Aktuelles aus dem Ressort Regulatorien

Chemikalienstrategie der EU für Nachhaltigkeit

Am 14. Oktober hat die Europäische Kommission ihre seit langem erwartete Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit (CSS) veröffentlicht. Die CSS-Mitteilung, die im Europäischen Green Deal angekündigt und als erste grosse EU-Strategie für Chemikalien seit der Annahme von REACH bezeichnet wird, folgt auf monatelange intensive Konsultationen mit der Industrie und der Zivilgesellschaft. Bei der Vorstellung bezeichnete der Exekutiv-Vizepräsident der Kommission Frans Timmermans die Strategie als "ersten Schritt auf dem Weg zu Europas Null-Verschmutzungs-Zielsetzungen". Er betonte, dass "Chemikalien ein fester Bestandteil unseres täglichen Lebens sind, wobei wir aber sicherstellen müssen, dass sie in einer Weise produziert und verwendet werden, die der menschlichen Gesundheit und der Umwelt nicht schaden".

Aufgeschlüsselt nach fünf Prioritäten, mit Hinweis auf über 50 bevorstehende politische Vorschläge, verspricht die CSS, die Chemikalienpolitik der EU in eine nachhaltigere und Kreislauf orientierte Richtung zu lenken, und gleichzeitig die Resilienz der EU nach der COVID-19-Pandemie zu erhöhen. Die Strategie zielt darauf ab, den Regulierungsprozess für Chemikalien einfacher und transparenter zu gestalten, mittels Initiativen zur Sicherstellung eines kohärenteren Rechtsrahmens. Anhand der CSS will die Kommission versuchen, Akteure ausserhalb Europas von der Bedeutung einer nachhaltigen Chemikalienpolitik zu überzeugen und so einen globalen Rechtsrahmen für Chemikalien schaffen, wie zum Beispiel durch die Vorlage neuer Gefahrenklassen im Rahmen von GHS der Vereinten Nationen.

Angesichts dieser Prioritäten wird die CSS viele Schlüsselaspekte der EU-Chemikaliengesetzgebung ändern wollen, unter anderem durch:

  • Einführung neuer Konzepte zur Vermeidung "nicht wesentlicher" Verwendungen (non-essential uses) von besorgniserregender Stoffen anhand einer Definition für die "wesentlichen Verwendungen" und Schaffung einer neuen "schadstofffreien Hierarchie" (toxic-free hierarchy.)
  • Einführung eines neuen "Gemischbewertungsfaktors" (mixture assessment factor) in REACH, ausgerichtet auf die kombinierte Exposition gegenüber multiplen Chemikalien. Somit werden sich neue Möglichkeiten zur Regulierung von Stoffen ergeben, ergänzt durch strengere Vorschriften für die Identifizierung endokriner Disruptoren. Ausserdem sollen neue CLP-Gefahrenklassen zur Bekämpfung von Umwelttoxizität, Persistenz, Mobilität und Bioakkumulation geschaffen werden. Dies beinhaltet neue Kriterien sowohl für besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) bei endokrine Disruptoren (ED), als auch für persistente, mobile und toxische (PMT) sowie sehr persistente und sehr mobile (vPvM) Chemikalien. Des Weiteren sollen spezifische Massnahmen zu Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) erlassen werden.
  • Massnahmen als Teil einer langjährigen Verpflichtung der Kommission, die Ausweitung der REACH-Registrierungspflichten auf bestimmte Polymere zu erwägen bzw. zu ergreifen, im Bestreben eine umfassende Informationsbasis für sämtliche Stoffe zu erstellen.
  • Erweiterung der Vorsichtsmassnahmen für Zulassungen und Ausnahmeregelungen für besorgniserregende Stoffe, die in recycelten Materialien vorkommen.
  • Einige der im CSS angekündigten Vorschläge werden voraussichtlich die legislative Wiedereröffnung wichtiger EU-Chemikalienvorschriften, einschliesslich REACH und CLP, mit sich bringen. Die Kommission verspricht, dass alle rechtlichen Vorschläge, einschließlich einer Überarbeitung von REACH, "möglichst zielgerichtet" und "auf der Grundlage öffentlicher Konsultationen und angesichts umfassender Folgenabschätzungen" erfolgen werden.

Mit der Annahme der CSS ist es der Kommission sicherlich gelungen, eine politische Strategie zu entwickeln, die das Funktionieren der EU-Chemikalienvorschriften grundlegend ändern könnte. In Anbetracht der vorgelegten ehrgeizigen Zielsetzung der CSS erscheint eine Wiedereröffnung von REACH und CLP in den kommenden Jahren als sicher. Es bleibt abzuwarten, wie das Ausmass einer solchen Wiedereröffnung ausgestaltet sein wird, ebenso wie die genaue Vorgehensweise zur Umsetzung.

Ob es der Kommission angesichts des starken politischen Drucks des Europäischen Parlaments und des Rates der EU gelingen wird, die endgültige Ausrichtung ihrer Vorschläge zu kontrollieren und letztlich einen einfacheren, transparenten und kohärenten Rechtsrahmen zu entwickeln – so wie es die CSS behauptet – ist derzeit ein zentrales Fragezeichen. Sicher ist, dass die CSS – die sich als Antwort auf die Forderungen nach einer "nicht toxischen Umweltstrategie" im 7. Umweltaktionsplan 2013 sieht – der Anfang und nicht das Ende eines langwierigen Transformationsprozesses der Chemikalienpolitik sein wird, der eine Zusammenarbeit aller Interessenträger, ebenso wie solide Daten und akkurate wissenschaftliche Analysen einfordern wird, wenn es darum geht, praktikable regulatorische Ergebnisse zu erzielen.

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